Die Selbstheilungskraft der Natur: Kangaroo Island blüht wieder auf - Squirrel News

Die Selbstheilungskraft der Natur: Kangaroo Island blüht wieder auf

Vier Jahre nach dem  „Schwarzen Sommer“ 2020 von Australien feiert Kangaroo Island ein ökologisches Comeback. Damals zerstörten großflächige Buschbrände mehr als die Hälfte der Insel. Seitdem hat sich die Natur regeneriert und ist wieder zu einem Paradies der Artenvielfalt geworden. Die Widerstandskraft vieler Tier- und Pflanzenarten ist beeindruckend.

Kangaroo Island umfasst eine Fläche von 4405 Quadratkilometern und ist die drittgrößte Insel Australiens. Sie liegt nur 15 Kilometer vom Festland entfernt, südwestlich von Adelaide. Vor den Bränden war das Landschaftsbild geprägt von fast 900 einheimischen Pflanzensorten, Eucalyptuswäldern und diente als Zufluchtsort für viele heimische Wildtiere, unter anderem fast 200 verschiedenen Vogelarten, ligurischen Bienen, Kängurus, Tamar-Wallabis, Koalas oder auch die Rosenberg-Warane.

Feuerinferno zerstörte fast die Hälfte der Insel

Anfang Januar 2020 fegten gewaltige Feuerstürme über Kangaroo Island und zerstörten 211.474 Hektar Land. Fast die Hälfte der gesamten Vegetation der Insel wurde zerstört. Dies hatte zur Folge, dass die Existenz vieler Arten, darunter der endemische Kangaroo-Island-Dunnart, stark bedroht war. Von der Schmalfußbeutelmaus lebten laut der Naturschutzorganisation WWF nur noch 300 bis 500 Tiere auf der Insel. Über 90 Prozent ihres Lebensraums wurden zerstört, und sie drohten daher auszusterben.

Den Buschbränden fiel auch eine große Anzahl an Koalas zum Opfer. WWF Australien geht hier von 41.000 betroffenen Tieren aus. Allein 60.000 Nutztiere verbrannten.

Koala, Kangaroo Island

Koala auf Kangaroo Island. Foto: Haonan Zhang / Unsplash

Das Feuer fraß sich durch die Eukalyptuswälder der Insel und legte den kompletten Westen der Insel in Schutt und Asche. Mehr als 400 Gebäude und knapp 300 Fahrzeuge gingen in Flammen auf. 96 Prozent des 326 Quadratkilometer großen Nationalparks „Flinders Chase“, bekannt für Kolonien von Seebären, Kängurus, Koalas und die „Remarkable Rocks“, wurden zerstört.

Trotz dieser verheerenden Katastrophe zeigte die Natur nach dem Erlöschen der Brände ihre Widerstandskraft. Innerhalb weniger Wochen entstand aus verkohlten und niedergebrannten Bäumen und Pflanzen neues Grün. Dem Schweizer Ökologen Heiri Klein zufolge ist es eine Eigenart der australischen Natur, dass sie sich nach einer derartigen Feuersbrunst schnell erholt. Einheimische australische Pflanzen wie Eukalyptusbäume, Banksia-Büsche und Teebäume bräuchten sogar die Hitze eines Feuers und die Chemikalien des Rauchs, damit sich ihre Samenkapseln öffnen können, um neu zu sprießen.

Glückliche Tiere und längst vergessene Pflanzenarten kehren zurück

Feuer dient somit als ein natürlicher „Reset-Knopf“ für den Wiederherstellungsprozess. Verbrannte und ausgehöhlte Baumstämme sind zu Nistplätzen für Insekten, Vögel und kleinen Säugetieren geworden. Die Insel erhole sich mit ohrenbetäubendem Vogelgezwitscher, zufriedenen Kängurus und Koalas und blühender Flora. Es seien inzwischen Wildblumenarten zu sehen, die seit mehr als 70 Jahren nicht mehr aufgezeichnet wurden, wie auf der Homepage von Kangaroo Island zu lesen ist. 

Ein weiterer Aspekt für die Erholung der „Arche Noah“ Australiens war die Unterstützung der lokalen Bevölkerung und Projekte zur Erhaltung der Artenvielfalt. 4500 Inselbewohner packten mit an. Höfe wurden wieder aufgebaut. 150 gespendete ausgebaute Schiffscontainer dienten für Notunterkünfte. Die Regierung half mit Krediten und Zuschüssen. Für die Festlandbevölkerung wurde Kangaroo Island zu einem bevorzugten Reiseziel und trug so zur Wiederbelebung des Tourismus bei.

Dank Kamerafallen kombiniert mit künstlicher Intelligenz konnte im Rahmen des Eyes on Recovery Programm des World Wildlife Fund festgestellt werden, dass die bedrohte Spezies des Kangaroo Island Dunnart die Buschfeuer weitestgehend überlebt und sich gut erholt hat. „Diese Bilder zeigen, dass unsere einzigartigen Arten nicht nur widerstandsfähig sind, sondern auch verdammt süß“, so Emma Spencer vom Eyes Recovery Programm. 

Kanguruh auf Kangaroo Island

Kanguruh auf Kangaroo Island. Foto: Haonan Zhang / Unsplash

So katastrophal und zerstörerisch das Feuerinferno auch war, so ebnete es doch gleichzeitig den Weg für neue Projekte zur Erhaltung bedrohter Tierarten. Anfang 2021 wurde das Western River Refuge ins Leben gerufen. Die Australian Wildlife Conservancy (AWC) arbeitet darin mit der Naturschutzorganisation Kangaroo Island Land for Wildlife und privaten Landbesitzern von Kangaroo Island zusammen, um bedrohten Tierarten einen raubtierfreien Schutzraum zu bieten. Ein eingezäuntes Areal von knapp 370 Hektar Land im Westen der Insel ermöglicht nun gefährdeten Spezies wie dem Kangaroo Island Dunnart, dem Weißbauch-Peitschenvogel, dem Ameisenigel oder dem rattenähnlichen braunen Bandicoot eine Atempause von den Buschbränden und jagenden Wildkatzen

Das zunehmend unberechenbare Klima stellt die Insel allerdings vor neue Herausforderungen. Heiri Klein und die Commonwealth Scientific and Industrial Organisation (CSIRO) bestätigen, dass die intensiven Feuer von 2020 nicht nur auf Kangaroo Island, sondern auch auf dem Festland einzigartig waren. Der aktuelle CSIRO-Klimabericht von 2024 warnt vor einer Zunahme von Extremfeuern, Aussterben von Tier – und Pflanzenarten, Dürren, weniger Niederschlag und vor  mehr Hitzetoten.

Die von CSIRO prophezeiten düsteren Szenarien für Australien und das Ausmaß der verheerenden Buschbrände von Kangaroo Island zeigen, wie wichtig es ist, nachhaltige Strategien zur Bewältigung von zukünftigen Umweltkatastrophen zu entwickeln. Um die Auswirkungen der Buschbrände auf Kangaroo Island zu verringern, wurde Anfang 2024 ein neuer Brandmanagementplan ins Leben gerufen. Dieser sieht den Bau von sieben neuen Brandzugangswegen und die Installation von vier neuen Wassertanks mit jeweils 50.000 Litern vor.

30 Prozent der australischen Haushalte erzeugen ihren eigenen Strom

Bei Klimaschutzfragen galt Australien lange als Außenseiter. Australien ist einer der weltweit größten Exporteure fossiler Brennstoffe, insbesondere von klimaschädlicher Kohle. Das Land verfügt über die drittgrößten Kohlereserven der Welt und verdient damit im Schnitt jährlich 32 Milliarden Euro.

Die seit 2022 in Australien regierende Labour Partei unter Premierminister Anthony Albanese hat allerdings begonnen, umzusteuern und sich zum Ziel gesetzt, gegen die Klimakrise anzugehen und mehr Geld in erneuerbare Energien zu investieren. Die  CO2-Emmissionsrate pro Kopf, bisher eine der höchsten weltweit, soll laut Klimaschutzplan bis 2030 um 43 Prozent sinken. Bis 2050 will Australien klimaneutral sein. 

Um dies zu erreichen, setzt die Regierung auf Ökostrom. Im Norden des Landes soll das weltweit größte Solarkraftwerk entstehen und ab 2030 Strom produzieren. Private Haushalte haben die Solarenergie jedoch schon längst für sich entdeckt. Mehr als 3,7 Millionen Haushalte und kleinere Unternehmen haben Sonnensysteme auf dem Dach installiert. 30 Prozent der australischen Haushalte erzeugen schon jetzt ihren eigenen Strom.

Das Drama von Kangaroo Island zeigt, wie der Mensch nicht nur Krisen erzeugen, sondern sie gemeinsam mit der Natur auch wieder bewältigen kann. Damit bleibt zumindest die Hoffnung, dass es möglich ist, künftige Naturkatastrophen durch effektiven Klimaschutz abzumildern oder gar zu verhindern. 

Quellen: Der Standard, FAZ, environment.sa.gov, Australian Geographic (1), Australian Geographic (2), WWF Australia (1), WWF Australia (2), tourkangarooisland.com, authentickangarooisland.com, australianwildlife.org, The Guardian (1), The Guardian (2), Wikipedia, FAZ (2), Spiegel (1), Spiegel (2)

Foto: RE Walsh / Unsplash (CC0)

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