Ecuadors Küste und ein Berg in Neuseeland haben jetzt eigene Rechte

Immer öfter verleihen Staaten Teilen der Natur eigene Rechte: In Ecuador gehören nun auch die heimischen Küstengewässer dazu – und in Neuseeland der zweithöchste Berg des Landes.
Der Verfassungsgerichtshof von Ecuador hat den heimischen Küsten- und Meeresökosystemen eigene Rechte zugesprochen. Mit dem Urteil bestätigt er die 2008 in die Verfassung aufgenommene Rechtssubjektivität der Natur. Die gerichtliche Auseinandersetzung begann laut Ecowatch im Jahr 2020, als Vertreter der industriellen Fischerei gegen ein Gesetz klagten, weil dieses innerhalb der gesetzlich festgelegten 8-Seemeilen-Zone angeblich zur Überfischung durch Kleinfischer führen könne.
Das Gericht wies die Argumente jedoch zurück und stellte fest, dass die Zone für die handwerkliche Fischerei notwendig sei, um die lokalen Fischarten und ihre Ökosysteme zu schützen. Zudem stellte es fest, dass die Natur ein Netzwerk aus miteinander verbundenen Elementen darstellt, deren Beeinträchtigung Auswirkungen auf das gesamte Ökosystem haben kann. Eine Ausweitung der industriellen Fischerei auf das Gebiet könne das Leben im Meer bedrohen, heißt es in der Entscheidung.
Ecuador ist weltweit das einzige Land, das seiner Umwelt verfassungsrechtlich einklagbare Rechte verliehen hat. Nicht zuletzt aufgrund indigener Traditionen wird der Natur in Ecuador ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. In den Artikeln 71 bis 74 ist seit 2008 verfassungsrechtlich festgelegt, dass die Natur ein Recht auf Existenz, Erhalt und Regeneration hat. Träger von Rechten können Tiere, Flüsse oder ein ganzes Ökosystem sein. Bürger, Gemeinden und Nationen können im Namen der Natur diese Rechte vor Gericht einklagen.
Neuseeland: Eigene Rechte für den zweihöchsten Berg des Landes
Fast zeitgleich mit der jüngsten Entscheidung des ecuadorianischen Verfassungsgerichts hat Neuseeland den zweithöchsten Berg des Landes als eigenständiges Rechtssubjekt anerkannt. Der Taranaki Mounga, früher Mount Egmont, ist das wohl begehrteste Kletterziel für Touristen in Neuseeland. Für die indigenen Maori hat der Berg eine spirituelle Bedeutung. Aus ihrer Sicht stehen Mensch und Natur seit jeher auf einer Stufe.
Nach einer Ankündigung im Jahr 2017 stimmte das neuseeländische Parlament Ende Januar einstimmig dafür, dem Tarani den Status einer juristischen Person zu verleihen. Zuvor hatte bereits der Whanganui-Fluss in Neuseeland diesen Status erhalten.
In Europa hat Spanien damit begonnen, Teilen der Natur eigene Rechte zu verleihen. Am 30. September 2022 wurde die mit einer Fläche von 135 Quadratkilometern größte Küstenlagune des Landes, das Mar Menor, per Gesetz als eigenständige Rechtspersönlichkeit anerkannt. Dabei wurde ihr das Recht zugesprochen, zu existieren und sich natürlich zu entwickeln.
Aufgrund des massiven Algen- und Fischsterbens war die Salzwasserlagune bereits als „Todeszone“ bezeichnet worden. Daraufhin hatten Aktivisten mehr als 640.000 Unterschriften gesammelt und so das Gesetzgebungsverfahren in Gang gesetzt. Heute dürfen alle Bürger klagen, wenn sie die Rechte des Mar Menor verletzt sehen, auch wenn sie nicht selbst betroffen sind.
Deutschland: Verbandsklagerecht als Alternative
In Deutschland gibt es bisher keine verfassungsrechtliche Anerkennung der Natur als eigenständiges Rechtssubjekt. Flüsse, Wälder und Berge können zwar nicht selbst klagen, es gibt jedoch juristische Verfahren, um die Belange des Natur- und Umweltschutzes durchzusetzen. Umweltorganisationen wie Greenpeace, BUND oder NABU können im Namen des Umweltschutzes nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) oder Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) eine Umweltverbandsklage vor Verwaltungsgerichten erheben, wenn sie den Schutz von Natur und Umwelt bedroht sehen.
Die Anerkennung der Natur als Rechtssubjekt in immer mehr Ländern signalisiert ein Umdenken im Umgang mit der Natur, die nicht länger nur als Quelle an Ressourcen für den Menschen betrachtet wird, sondern als eigenständiges Subjekt, das ebenso Respekt und Schutz verdient wie ein Lebewesen. Ob sich dieser Ansatz weltweit durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Er bietet jedoch eine Möglichkeit, die Natur wirksamer zu schützen.
Quellen: Ecowatch, Der Freitag, PDBA, Redaktionsnetzwerk Deutschland, The Guardian, Süddeutsche Zeitung, Umweltbundesamt
Foto: Deb Dowd / Unsplash (CC0)
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