Wie gezielte Spenden viel mehr Leben retten können

Untersuchungen haben ergeben, dass datenbasierte Spenden an sehr effektive Hilfsorganisationen bis zu 100 mal wirksamer sein können als spontane Zuwendungen. Wer mit seiner Spende das Bestmögliche bewirken will, sollte deshalb sehr genau hinschauen.
Geld zu spenden ist eine sehr gute Möglichkeit, hilfsbedürftigen Menschen zu helfen. Laut Weltspendenindex 2024 spendeten im Jahr 2023 weltweit 4,3 Milliarden Menschen entweder Geld oder nahmen sich Zeit, um einem Fremden zu helfen. Das sind 73 Prozent der Weltbevölkerung. Allein in Deutschland belief sich das monetäre Spendenvolumen für wohltätige Zwecke im vergangenen Jahr auf 12,8 Milliarden Euro.
Beim Einkaufen wägen wir rational ab, beim Spenden eher nicht
Die Gründe, die das Spendenverhalten der Menschen beeinflussen, sind vielfältig. Doch sie unterscheiden sich wesentlich von alltäglichen Konsumentscheidungen wie dem Kauf einer Waschmaschine. Während bei der Anschaffung eines Haushaltsgeräts rationale Motive, wie Preis- Leistungsverhältnis, Energieeffizienz oder auch Bewertungsergebnisse im Vordergrund stehen, sind die Beweggründe für eine Spende eher emotionaler Natur.
Jeder kennt die Bilder und Berichte von Naturkatastrophen oder Kriegen: von Menschen in Not, zerstörten Häusern oder von schwer verletzten Kindern. Gerade sie erzeugen Gefühle wie Mitleid und Trauer. Während bei einer Kaufentscheidung im Vorfeld Informationen über den zu erwerbenden Gegenstand eingeholt werden und rationale Gründe wie Effizienz und der bestmögliche Nutzen im Vordergrund stehen, überwiegt beim Spenden das Gefühl, etwas Gutes tun zu wollen. Wie viel eine Spende bewirkt oder ob sie bei einer anderen Organisation noch mehr erreichen könnte, wird oft gar nicht gefragt oder bleibt unbeantwortet.
Warum manche Spenden 100 mal effektiver sind
Dabei haben Untersuchungen ergeben, dass gezielte Spenden, die sich an erwiesenermaßen sehr effektive Wohltätigkeitsorganisationen richten, um ein Vielfaches wirksamer sein können als Spenden, die rein aus emotionalen Impulsen getätigt werden.
Der Ökonom und Gründer der Datenwebsite „Our World in Data“, Max Roser, hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, wie durch eine datenbasierte und wissenschaftlich fundierte Herangehensweise Spenden so eingesetzt werden können, dass sie ihren größtmöglichen Nutzen erzielen können. Roser betont, dass die Wahrnehmung über die Effizienz von Wohltätigkeitsorganisationen sehr weit von der Realität entfernt ist und ihre Effektivität deshalb unterschätzt wird. Viele Laien glauben, dass die besten Organisationen nur etwa 1,5 mal so effektiv seien wie der Durchschnitt. Experten hätten jedoch herausgefunden, dass sie bis zu 100 mal wirksamer sein können.
Der Irrtum über die Effektivität zwischen den verschiedenen Wohltätigkeitsorganisationen führe dann zu der irrigen Annahme, dass der Unterschied zwischen einer durchschnittlichen und der bestmöglichen Spende als sehr gering eingeschätzt würde. Es sei jedoch auch festgestellt worden, dass dieses Missverständnis behoben werden kann, indem über das Kosten-Nutzen-Verhältnis verschiedener Wohltätigkeitsorganisationen aufgeklärt wird.
Besser spenden
„Wenn wir Wohltätigkeitsorganisationen finden können, die die kostengünstigsten Gesundheitsmaßnahmen umsetzen, können wir mit unserem Geld viel mehr erreichen,“ schreibt Roser. Einige Wohltätigkeitsorganisationen seien in der Lage, das Leben eines Kindes für etwa 5000 Dollar zu retten, während in reicheren Ländern weit höhere Summen benötigt werden, um ein Leben zu retten. Roser bezieht sich dabei auf die Wohltätigkeitsgutachter „GiveWell“. Auf deren Homepage heißt es: „Wir suchen nach den Wohltätigkeitsorganisationen, die ein Leben pro Dollar retten oder wesentlich verbessern.“ „GiveWell“ hat vier wirkungsvolle und kostengünstige Wohltätigkeitsorganisationen identifiziert, die mit 5000 Dollar ein Menschenleben retten können: „Malaria-Consortium“, „Against Malaria Foundation“, „Helen Keller International“ und „New Incentives“.
Für jede neu entdeckte Wohltätigkeitsorganisation veröffentlicht “GiveWell“ einen Bericht, der die Aktivitäten, Erfolgsbilanz, Kosteneffizienz, den Finanzierungsbedarf und die allgemeinen Stärken und Schwächen der Organisation enthält. Das sorgt für Transparenz und beantwortet die Frage, bei welcher Organisation eine Spende möglichst vielen Menschen helfen kann. Zudem rücken damit auch Krisen in den Fokus, die medial kaum Beachtung finden. Jährlich erkranken etwa in den ärmeren Ländern eine halbe Milliarde Menschen an Malaria; für Schwangere ist die Krankheit die Haupttodesursache.
Zur Prävention wurden bisher etwa Moskitonetze über Schlafstellen aufgehängt. Ein Netz kostet etwa zwei Dollar, hält drei Jahre und schützt durchschnittlich zwei Leben. Schon sehr geringe Summen können damit direkte Auswirkungen auf die Gesundheit der Menschen haben und sogar Leben retten.
Mit Daten zu mehr Gesundheit und Gerechtigkeit
Die datenbasierte Herangehensweise entspricht der Idee des Effektiven Altruismus, die Mitgefühl mit einer rationalen, wissenschaftlichen Herangehensweise verbindet, um sicherzustellen, dass jede Spende den größtmöglichen Nutzen hat.
Die in den USA ansässige Non-Profit-Organisation „GiveWell“ folgt dem Grundprinzip des Effektiven Altruismus, indem sie versucht, mit einem datenbasierten, wissenschaftlichen Ansatz herausfinden, welche Organisationen mit den geringsten Mitteln die maximalen Verbesserungen für Gesundheit und Lebensqualität der Menschen erreichen. Ihr Fokus liegt dabei auf der Armutsbekämpfung und der Förderung der Gesundheit von Menschen in afrikanischen und asiatischen Entwicklungsländern.
Als deutschsprachiges Pendant und Bindeglied zu GiveWell kann „Effektiv Spenden“ betrachtet werden. Auf ihrer Homepage heißt es: „Auf Basis wissenschaftlicher Studien und Analysen unabhängiger Experten empfehlen wir die weltweit wirksamsten Hilfsorganisationen. So kannst du mit deiner Spende bis zu 100-mal mehr Klima schützen, Tierleid verringern und Armut bekämpfen.“ Diese Spendenplattform orientiert sich stark an „GiveWell“ und greift deren Empfehlungen auf, um auch sicherzustellen, dass die Spenden dort eingesetzt werden, wo sie am wirksamsten sind.
In jedem Fall lohnt es sich, Spenden nicht nur aus einem spontanen Gefühl heraus, sondern auch aus rationalen Erwägungen zu tätigen, um damit die bestmögliche Wirkung zu erzielen. Natürlich sind verschiedene Bereiche wie die Förderung von Gesundheit, Bildung oder Demokratie nicht direkt miteinander vergleichbar. Aber eine wohlüberlegte, datenbasierte Herangehensweise kann den Nutzen der eigenen Spende unter Umständen deutlich erhöhen.
Quellen: Charities Aid Foundation, RaiseNow, Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen,Zeit Online, Ein Herz für Kinder, Our World in Data (1), Our World in Data (2), Cambridge University Press, Against Malaria Foundation, GiveWell, Effektiv Spenden
Foto: Lagos Food Bank Initiative / Unsplash (CC0)
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