Wie Südengland riesige Seetang-Wälder zurückholt - Squirrel News

Wie Südengland riesige Seetang-Wälder zurückholt

Seetang, Kelp

Ein Projekt in Südengland ist dabei, den Meeresgrund vor Sussex auf Hunderten Quadratkilometern mit Kelp-Algen wieder aufzuforsten – und das zerstörte Meeresleben zurückzubringen, das es dort einmal gab.

Vor nicht allzu langer Zeit lagen vor der englischen Südküste riesige Unterwasserwälder. Sie waren nicht nur Heimat für zahlreiche Tiere und Organismen, sondern speicherten auch große Mengen CO2. Kelp-Wälder bestehen aus dichten Ansammlungen von bis zu 40 Meter hohen Braunalgen, die sich vor allem in den Uferzonen von Meeren befinden und auch die Erosion der Küsten verhindern. Weltweit sollen diese Wälder unter Wasser pro Jahr bis zu 170 Millionen Tonnen CO2 aufnehmen.

Jahrzehntelange menschliche Eingriffe schädigten den Unterwasserwald vor der südenglischen Küste jedoch massiv. Grundschleppnetzfischerei, Sturmschäden und Baggerarbeiten führten dazu, dass im Laufe der 80er-Jahre rund 96 Prozent der Kelp-Wälder vor Sussex verschwanden – und mit ihnen auch das maritime Leben. 

Um diesem Verlust entgegenzuwirken, wurde im März 2021 ein Gesetz erlassen, das den Einsatz von Grundschleppnetzen auf einer Fläche von 300 Quadratkilometern des Meeresbodens vor der Küste von Sussex verbietet und die Regeneration wichtiger Ökosysteme wie Seetangwälder ermöglichen soll.

Unterwasser-Aufforstung mit Hilfe der Bevölkerung

Im selben Jahr starteten mehrere Organisationen zudem das „Sussex Kelp Recovery Project“ (SKRP), dessen Ziel es ist, die Seetang-Wälder durch verschiedene Maßnahmen wieder zurückzubringen. Dabei nutzen Forscher etwa Unterwasser-Videoaufnahmen und untersuchen Umwelt-DNA aus entnommenen Wasserproben, um Daten über den Lebensraum, die Größe und das Verhalten von Fischen zu sammeln. In Bereichen, in denen sich der Meeresboden nicht von selbst erholt, wird die Fläche mit Kelp aufgeforstet.

Auch die Öffentlichkeit kann ihren Beitrag zur Renaturierung der Unterwasserwelt leisten. Im Rahmen des Citizen-Science-Programms des Sussex Wildlife Trust können Bürger – ob als Strandspaziergänger oder passionierter Taucher – über eine spezielle App ihre Entdeckungen oder Auffälligkeiten an Land oder unter Wasser melden.

Mehr Algen, mehr Fische, mehr Delphine

Etwas mehr als drei Jahre nach dem Verbot der Schleppnetzfischerei und dem Start der Maßnahmen des „Sussex Kelp Recovery Project“ ist nun eine positive Trendwende bemerkbar: Die Artenvielfalt unter Wasser nimmt wieder zu. Die Anzahl der gesichteten Tiere wie Wale, Delphine und Robben ist gestiegen. Bedrohte Fischarten wie Kabeljau und Schwarzbrassen haben sich ebenfalls vermehrt. In einigen Bereichen vor der Küste sehen die Algen von Jahr zu Jahr gesünder aus und verdichten sich immer weiter.

Das Beispiel von Sussex zeigt, dass sich Schutz- und Aufforstungsmaßnahmen für Pflanzen und Wälder auch unter Wasser lohnen. Es ist gut möglich, dass andere Küstenregionen, die unter ähnlichen Problemen leiden, in den nächsten Jahren ebenfalls Maßnahmen ergreifen werden, um die Seetangwälder unter Wasser wieder zurückzuholen. Ein Umweltprojekt in Norwegen zur Erhaltung der Kelp-Wälder vor den Küstenregionen hat damit bereits begonnen und ebenfalls positive Entwicklungen in Gang gesetzt: Freiwillige Taucher entfernen dort Seeigel, die den Kelp-Bestand bedrohen und zerstören. Die Folge: Innerhalb eines Jahres entwickelten sich zuvor leblose Meeresgebiete wieder zu einem gesunden Ökosystem mit verschiedenen Fischarten, Krebsen und Seesternen.

Quellen:

FAZ, Focus, Salzwasser.eu, Sussex Kelp Recovery Project, Blue Marine Foundation, Hurtigruten

Foto: Oleksandr Sushko / Unsplash (CC0)

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